Im August 2016 fiel der Startschuss für das integrierte Konzept der Future City Langenfeld. Hier will man auf mehreren Ebenen das Thema Digitale Stadt ausloten. Ein lokaler Online-Marktplatz sollte ursprünglich in Kooperation mit dem Infrastrukturgeber HierBeiDir.com umgesetzt werden. Dessen Launch war für Herbst/Winter 2016 angekündigt. Hier gab es aber offensichtlich eine Kehrtwende.  Auch angesichts der Corona-Pandemie und sicher als bewusste Entscheidung gegen ein vertriebsorientiertes lokales Online-Sichtbarkeitsmodell wurden in Langenfeld bisher keine Anpassungen in Richtung lokaler Online-Marktplatz vorgenommen.

Klar ist: Auf der digitalen Plattform sollen sich auch Dienstleister präsentieren können. Nach ersten Aussagen der Beteiligten will man so für die Mittelstadt Langenfeld ein Angebot schaffen, dass stärker den Stadtportal-Charakter aufweist als andere bekannte Initiativen und lokale Online-Marktplätze. Perspektivisch ist ein fließender Übergang zu Smart-City-Konzepten denkbar.

Im Beratungsteam sitzt u. a. Frank Rehme (gmvteam), ehemaliger Innovationsmanager der METRO Group, der maßgeblich auch für die technisch-konzeptionelle Ausrichtung des mittlerweile rückgebauten Real Future Stores verantwortlich war und derzeit das „Mittelstand 4.0-Kompetenz­zentrum Handel“ des HDE als Geschäftsführer verantwortet.

Mittlerweile wurde einige Teilprojekte umgesetzt:

  • Herausragend dabei ist der sog. Stadtschlüssel, hinter dem sich ein Loyalty-Programm verbirgt, das Aufenthaltsdauer in der Innenstadt mit der Parkgebührersparnis verknüpft. Im Zuge der Etablierung wurde zudem der Parkprozess durch den Einsatz moderner RFID-Technik vereinfacht. Umsetzungspartner des Stadtschlüssels war das Unternehmen QDEGA Loyalty Solutions.
  • Auch der erste Showcase zur Schaltung von Google „Local Inventory Ads“ im inhabergeführten Handel kommt aus der „Future City Langenfeld“. Das Projektmanagement hat gemeinsam mit einem Masterstudenten der TH Köln einem lokalen Händler per Google-Shopping-Anzeigen mehr Online-Sichtbarkeit verschafft. Wieso der Ansatz nicht auf eine größere Zahl von Händlern übertragen wurde, ist unklar.
  • Außerdem wurden Screens in den Schaufenstern der Händler installiert, um den Kunden außerhalb der Öffnungszeiten einen Einblick in das Sortiment des Geschäfts geben zu können (sog. Window Shopping).
  • Weitaus weniger präsente Umsetzungsvorhaben sind die Entwicklung einer „Smart Sphäre“, die alle digitalen Kanäle der Stadt miteinander verknüpfen soll, und die Etablierung des „City Content Managers“.
  • Auch die Initiative „digital reality for retail“ geht auf die Future City Langenfeld und das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel zurück. Hierbei sollen die künftigen Potenziale virtueller Welten für den Handel und die daraus zu generierenden Mehrwerte für Kunden ausgelotet werden.
  • Die im Zuge der ersten Förderrunde etablierte „WhiteBox“ (siehe 360-Grad-Ansicht) der Future City Langenfeld ist nun auch integraler Bestandteil des Veranstaltungskonzepts des Kompetenzzentrums Handel. Die Schnittmenge zum Beraterkonglomerat VITAIL u. a. unter der Beteiligung von Boris Hedde (IFH) und Frank Rehme (gmvteam) ist groß.

Stadt steht hinter dem Konzept

Mit der Future City Langenfeld überträgt der Handelsmarketing-Experte Rehme den Werkstatt-Charakter des Future Stores auf das städtische Umfeld. Mit der Mittelstadt Langenfeld, zwischen Leverkusen und Düsseldorf gelegen, scheint man einen prototypischen Standort gefunden zu haben, der sich nicht zuletzt durch ein starkes Engagement auf städtischer Seite in Persona des City-Managers Jan Zimmermann auszeichnet.

Der Anspruch der Initiativpartner ist hoch: „In Langenfeld entsteht die Modellstadt für die innovative Zukunft des Handels und des Erlebnisraums Innenstadt“, heißt es auf der Projekt-Website. Im moderationsintensiven Umfeld von Stadtmarketing und City-Management ist die Gefahr jedoch groß, dass man sich an machbarkeitslogisch umgesetzten und technologiegetriebenen Teilprojekten aufreibt und für die bedarfslogischen digitalen Infrastrukturlösungen und Change Management, die einen Einzelhandelsstandort langfristig stärken sollen, zu wenig Energie bleibt.

Fazit

Noch wurden zu den ersten Ansätzen keine Berichte und Zahlen veröffentlicht. Als Teil des Autorenteams des Fachblogs „Zukunft des Einkaufens“ gewährt Frank Rehme jedoch ab und an Einblicke in das Projekt und die zugrunde liegende innovationsstrategische Ausrichtung. Die Überlagerung unterschiedlicher Teilprojekte lässt zuweilen einen Roten Faden vermissen. Wie die Gewerbetreibenden vor Ort über das Loyalty-Programm des Stadtschlüssels hinaus von der Future City Langenfeld profitieren, ist unklar. Ganz gewiss ist die Future City Langenfeld aber eine Projektionsfläche der sprudelnden Ideen und Netzwerkarbeit von Frank Rehme. Es bleibt zu hoffen, dass das ambitionierte Projekt (noch) nicht am schwierigen Arbeitsumfeld zwischen City-Akteuren, städtischen Behörden und innovationsfreudigen Lösungsanbietern und Beratern scheitert. Denn eigentlich ist klar: Deutschland braucht mehr mutige Future Citys.